Alle Jahre wieder: Welchen Champagner auf Neujahr? Wir stellen fünf "Einstiegsideen" für das ganze Jahr vor

Alle Jahre wieder: Welchen Champagner auf Neujahr? Wir stellen fünf "Einstiegsideen" für das ganze Jahr vor

Im Jahr 2020 änderten sich (leider) viele Dinge, aber einige Rituale blieben auch 2020 gleich:

Ritual Nummer eins. In einem Massenmedium entscheidet sich die Redaktion jeweils kurz vor Silvester für einen (oft fragwürdigen) Schnelltest zum Thema Schaumwein. Ende 2020 etwa SRF Kassensturz bzw. noch ausführlicher das Westschweizer Pendant bei dem Kraut (Schaumwein aus Flaschengärung) und Rüben (Schaumwein aus Karbonisierung) vermischt wurden. In früheren Jahren wiederum Kassensturz von trocken bis süss in einem anderen Direktvergleich (da kommt wohl kein Gaumen sensorisch mit, besonders wenn zuerst süssere Weine verkostet werden).

Oder in einem noch älteren Test von 2012 eine Champagnerdegustation aus dafür nicht geeigneten Flutes - erstaunlicherweise hat damals eine hochkarätige Jury diese ungeeigneten Testkriterien scheinbar (zumindest stillschweigend vor der Kamera) akzeptiert.

Ritual Nummer zwei. Als bekennender Schaumweintrinker wird man pünktlich auf die Feiertage hin (wie jedes Jahr) ebenfalls gefragt welcher Schaumwein denn nun der “beste” sei - oder zumindest welchen Schaumwein man empfehlen könne.

Wenn es um mehr gehen sollte als um eine Schaumwein-Dusche um Mitternacht - also ernstgemeinte Empfehlungen für ein Apéro oder für die Essensbegleitung - nehmen wir uns dafür auch gerne Zeit.

So entstand dieser Blogeintrag, welcher hoffentlich auch über die nächsten Jahre hilfreich sein kann da wir uns bewusst auf Schaumweine ohne Jahrgang beschränken (dazu später mehr).

Zwei Zusatzanforderungen haben die meisten Fragenden auch noch, es soll (wenn man sonst schon fast nie Schaumwein trinkt) bitte ein “richtiger” Champagner sein und er soll “nicht die Welt kosten”.

Zusätzlich schränken

 - Verfügbarkeit (welchen Wein bekommt man relativ einfach und schnell fast überall in der Schweiz, die meisten Winzerchampagner scheiden somit aus)

und eine gewisse

-  "Massentauglichkeit" (ein staubtrockener Brut Nature eines kleinen Winzers wird Freaks sicher erfreuen, weniger aber Leute welche nur eine oder höchstens ein paar Flaschen Schaumwein pro Jahr trinken und diese Frage stellen weil die meisten Bubbles jetzt prominent in Aktion beim Weinhändler oder Grossverteiler stehen)

die Auswahl für Empfehlungen ein.

Gleichzeitig wollen wir aber auch keinen “langweiligen” Champagner des Marktführers mit dem gleichnamigen Anfangsbuchstaben M... empfehlen weil dieser in der Tat ziemlich beliebig schmeckt.

(Zur Ehrenrettung des Marktführers: Die Jahrgangs-Champagner von M... sind meist gut bis sehr gut gelungen. Dafür lächelt Markenbotschafter Roger Federer aber auch nicht in die Kamera, diese Jahrgangsweine machen im riesigen Portfolio des Konzerns nur einen Bruchteil der Produktionsmenge aus.) 

Drei letzte Vorbemerkungen bevor wir zur Liste kommen:

- Eigenmarken von Discountern sind nicht enthalten weil diese leider zu inkonsistent waren über die Jahre (obwohl etwa der Haus-Champagner von Aldi Süd oder von Aldi Schweiz in Blindtests oft gut abschnitt).

- Winzerchampagner wurden wie erwähnt aufgrund ihrer oft grösseren Varianz von Abfüllung zu Abfüllung und kleiner Mengen (oft Abhängigkeit von einer einzigen Bezugsquelle in der Schweiz) nur am Rande berücksichtigt.
 
- Bei Champagnern ohne Jahrgang ("NV") ist bei Einstiegsempfehlungen die Konsistenz über mehrere Verschnitte (Assemblagen) besonders wichtig, das heisst eine grosse Konstanz in der Qualität und im Geschmacksbild. Deshalb fiel unter anderem der Bollinger brut NV aus der Liste (obwohl neuere Abfüllungen wieder mehr Konstanz zeigen).

Damit wären die meisten Fragen und Kriterien hoffentlich geklärt. Zeit für die Liste..
.
Fünf trockene Champagner als Einstiegsideen

Fünf trockene (also maximal "Brut") Champagner ohne Jahrgang (also Non-Vintage, NV) die dem Autor über die Jahre immer wieder gut gefallen haben - in alphabetischer Reihenfolge, keine Rangliste:
  • Alfred Gratien brut NV, ca. 40 CHF
  • Bonnaire Terroirs Blanc de Blancs Grand Cru brut NV, ca. 40 CHF
  • Charles Heidsieck brut NV, ca. 55 CHF
  • Piper-Heidsieck brut NV, ca. 40 CHF
  • Taittinger brut NV (in einigen Ländern als "La Francaise" etikettiert, mit Vorbehalt, je nach Abfüllung), ca. 40 CHF. Oder die etwas teurere Variante Taittinger Prélude Grand Cru brut NV, ca. 55 CHF
  • Ersatzideen für Taittinger: Louis Roederer Collection 24X (allenfalls mit Vorbehalten, je nach Abfüllung) oder Lanson Black Label brut NV (steigerte sich deutlich in den letzten Jahren).
(Dieser Original-Artikel wurde 2020 geschrieben. Im Sommer 2023 wude die obige Liste ergänzt mit aktualisierten Empfehlungen und Preisen.)

Mit Ausnahme des Bonnaire (in die Liste als einziger Blanc de Blancs aufgenommen, also nur aus Chardonnay-Trauben) sind alle anderen vier Weine Assemblagen aus den drei hautpsächlichen Traubensorten in der Champagne.

Bei den zwei Bonnaire-Varianten erklärt sich der Preisunterschied mit längerer Lagerung (in der Variante "Prestige" auf dem Etikett), bei den zwei Taittinger-Champagnern durch die Grand Cru Lagen und die ebenfalls längere Lagerzeit von ca.5 Jahren beim Prélude. Im Charles Heidsieck sind sehr viele ältere Reserveweeine enthalten was sowohl den höheren Preis als auch die im Vergleich dunklere Farbe im Glas erklärt.

Wer sich für Details interessiert: In unserer neuen Rubrik "Coups de Coeur" werden wir einzelne Champagner näher vorstellen, den Anfang macht Ende 2020 der Piper-Heidsieck brut NV.

Last but not least eine wichtige Anmerkung im Zeitalter von selbsternannten Influencern und geschönten Rezensionen (gerade weil zufälligerweise zweimal der Name Heidsieck in der Liste auftaucht):

Die Amis Champbernois sind 100% unabhängig. Wir kaufen unseren Wein selber bzw. degustieren ihn unabhängig. Keine Muster für nette Berichte, keine Auflagen und kein Sponsoring durch Dritte.

Deshalb verlinken wir die fünf Empfehlungen auch nicht mit einer Bezugsquelle - alle fünf Weine kann man in der Schweiz bei verschiedenen Händlern bzw. Kanälen beziehen (das war wie besprochen ein Kriterium um auf die Liste zu kommen).

Die obige Liste ist eine rein subjektive Zusammenstellung eines einzelnen AC-Mitglieds (der aber alle Weine mehrmals und über lange Zeiträume immer wieder degustiert hat). Für Anregungen sind wir immer offen und weitere Listen und Empfehlungen aus dem Kreis der Amis Champbernois werden hoffentlich folgen.

In diesem Sinne: Cheers und schöne Feiertage!

Last but not least: Gute Champagner und Schaumweine kann (und sollte) man übrigens übers ganze Jahr und bei vielen Gelegenheiten geniessen, nicht nur an Geburtstagen, Feiern oder an Silvester.